Jahrestagung 2024 Entlang der Ostsee
Die siebentägige Exkursion, in alter Tradition „Tagung“ genannt, führte die insgesamt 47 Teilnehmer von Schwerin über Rostock, den „Molli“ und den „Rasenden Roland“ nach Stettin und Landsberg an der Warthe (Gorzów Wielkopolski).
Schwerin Tw 803 in der Schleife Bertha-Klingberg-Platz
Schwerin historische Triebwagen 417 und 26 im Betriebshof Haselholz
Am Samstagmittag holte uns in Schwerin Tw 803, gefahren vom amtierenden Geschäftsführer am Hauptbahnhof ab, um die einzelnen Streckenäste zum größten Teil abzufahren. Das Fahrzeug der Serie SN2001 ist als erstes seiner Reihe durch ein Refit-Programm gelaufen und hat neue Sitze, Beleuchtung und eine (funktionierende!) Klimaanlage erhalten. Wir befuhren auch die sonst selten genutzten Schleifen Bertha-Klingberg-Platz und Berliner Platz. Im Depot sahen wir die Kinderstraßenbahn (Tatra T3D 111), den ausgemusterten Dienstwagen 907 und die beiden historischen Triebwagen 26 und 417, die wegen Personalmangel die von uns gebuchte Sonderfahrt nicht durchführen konnten. Am Abend erfolgt die Weiterreise nach Rostock.
Rostock G4-Tw 1 am Dierkower Kreuz
Rostock ZR-ET 54 + ER-EB 54 Tw 46 mit Bw 156 in der Betriebskurve am Doberaner Platz
Am Sonntagmorgen holte uns der historische Gotha G4-Gelenkwagen 1 in der Langen Straße, am Neuen Markt und am Steintor in Rostock ab. Die Fahrt führte über Dierkower Kreuz zur Hafenallee und zurück über den Doberaner Platz zum Depot Hamburger Straße, wo die Arbeitswagen 551 und 552 vom Typ T6A2M für uns aufgestellt wurden und wir eine Hallenführung erhielten. Nach einem Platzregen ging es weiter mit dem Lowa-Zug 46+156, der uns Richtung Neuer Friedhof und dann nach Lichtenhagen brachte. Im „depot12“ gab es zum Abschluss eine Parade mit vier historischen Wagen, danach gab es Kaffee und Kuchen. Die Crew der Rostocker Nahverkehrsfreunde arbeitet sehr gut zusammen.
Das diesjährige Gruppenfoto entstand vor der Wagenhalle des „depot 12“ in Rostock Marienehe
Rostocker Regelbetrieb mit Tw 657 und 669 Typ 6N1 am Doberaner Platz
Rostock Lichtenhagen mit Tw 606 Typ 6N2
Am Montag ging es zur Mecklenburgischen Bäderbahn, kurz „Molli“ genannt. Nach einer Führung durch die Werkstatt in Bad Doberan, in der mittlerweile die gesamte mittelschwere Instandhaltung durchgeführt wird, fuhren wir nach Kühlungsborn West. Alle Fahrzeuge sind sehr gut gepflegt, sie werden alle 56 Tage komplett durchgesehen, die Loks alle 28 Tage einschließlich der Kesselwäsche. Die Außenwäsche erfolgt wöchentlich. Im Museum stärkten wir uns zum Ende des offiziellen Programms mit einem Imbiss.
„Molli“ Abfahrbereit steht 99 2323-6 in Kühlungsborn West
In der Bad Doberaner Werkstatt wird 99 2322-8 überholt
Bei der abendlichen Mitgliederversammlung erfolgte der Stabwechsel im Vorstand: nach 22 höchst erfolgreichen Jahren gab Rolf Hafke sein Amt an Lars F. Richter weiter, der bisher 2. Vorsitzender war. Ihm folgte Dr. Engelbert Linnenberg nach. Schatzmeister Bertold Schulz gab nach 16 Jahren den Staffelstab weiter an Dr. Christoph Levin, ebenfalls aus Hamburg. Schriftführer bleibt Dr. Peter Bell.
Der scheidende 1. Vorsitzende Rolf Hafke bedankt sich mit einem Gastgeschenk amtierenden Geschäftsführer vom Nahverkehr Schwerin
Der neue 1. Vorsitzende Lars F. Richter hält symbolisch den Hammer in der Hand im ex-Kasseler Tw 258 in Landsberg/Warthe
Am nächsten Tag ging es zum „Rasenden Roland“, der Rügenschen BäderBahn. Zwischen Lauterbach Mole und Göhren reisten wir mit der liebevoll schaukelnden und ratternden Dampfbahn auf 750 mm Spurweite. Alle Wagen und Loks sind bestens gepflegt und sauber, als wären sie gestern erst neu lackiert worden. In Putbus wurden wir in die entstehende Erlebniswelt geführt: das für 45 Mio. € größtenteils neu errichtete Bw stellt eine hochmoderne Dampflokwerkstatt dar, und den Besuchern wird eine nahezu vergangene Welt in bester Form vorgeführt. Wegen sehr langer Reisezeit mit der Eisenbahn wurden wir von einem Reisebus nach Stettin gebracht.
Rügen, 99 1781-6 fährt ein in Lauterbach Mole, die Diesellok 251 901-5 wird in nach Putbus zurückziehen
Vom Wasserturm im Bw Putbus lässt sich die Ausfahrt der gleichen Lok Richtung Göhren verfolgen
Die Wochenmitte begann mit einer Sonderfahrt in Stettin / Szczecin: am Brama Portowa, dem Hafentor oder ganz früher Brandenburger Tor holte uns das Gespann Tw 293 und Bw 343 (Type 4N1+4N1D) ab. Die schaukelnde Fahrt führte uns zunächst an der Wulkan-Werft vorbei zur Endstelle Goclaw. Später ging es durch die Stadt zurück zur Schleife Potulicka, wo wir auf Tw 167 (Type N) wechselten. Unser Fahrer sprach nur polnisch und das viel, aber er wusste, was wir wünschten: Fotohalte im schönsten Sommersonnenlicht. Wir besichtigten das Depot Pogodno und endeten nach einer weiteren Kreuzfahrt durch die Stadt am Muzeum Techniki, das bis 2004 aktives Straßenbahndepot war und im Laufe der Jahre mit modernem Konzept zu einem Technikmuseum mit heimischen Näh- und Schreibmaschinen, Autos, Motorädern und natürlich Straßenbahnen geworden ist.
Stettin Tw 293 + Bw 343 neben dem modernisierten 531 Konstal 105Ng in der Schleife Goclaw
Stettin Tw 167 in der Schleife Gumience
Stettin mit Zweirichter Tw 625 Moderus Beta im Baustellenbetrieb auf SL 4 am Plac Szyrockiego
Vor der Jakobikathedrale begegnet T6+B6 221+222 einem Pesa-Tw
Pesa Tw 813 SL 10 an der Brama Portowa
Ehemalige Berliner in Stettin, hier KT4D152+153 als letzter Zug im Altlack in der Schleife Potulicka
Der kommende Tag in Stettin stand zur freien Verfügung, bevor es dann nachmittags nach Landsberg an der Warthe/ Gorzów Wielkopolski weitergeht. So kam es, dass sich die Straßenbahnfreunde an den schönsten Stellen im Netz immer wieder begegneten. Ob modernisierte Konstals, Tatra T6 oder KT4D oder die modernen Pesa Swings, alle Typen wollten „befahren“ und im Bild dokumentiert werden. Wegen einer größeren Baustelle verkehrten aus SL 4 Zweirichtungsfahrzeuge mit Niederflurmittelteil.
Am Freitag standen zwei Sonderfahrten auf dem Programm: zunächst holte uns Tw 258 (ZR-GT6 ex Kassel) im Stumpfgleis vor dem Bahnhof ab. Hier fährt sonst nur zu den Anschlusszeiten der Eisenbahn die Linie 4. Wir steuerten die Endstelle Fildorfa „Nila“ an, die vor der geplanten Erweiterung stumpf endet und deswegen Zweirichtungsfahrzeuge erfordert. Die meisten ex-Kasseler Zweirichter sind durch Ausbau des Heckfahrerplatzes und Stillsetzung der linken Türen zu Einrichtern umgebaut worden, wobei die linksseitigen Türen nur vorschlossen aber nicht ausgebaut wurden. Anschließend wurde im Depot auf Tw 137 (Typ 105 Na) und Tw 117 (Partybahn) gewechselt. Nach einer umfangreichen Besichtigung des Depots in Wieprzyce, einem Neubau mit Aufstellflächen als Rasengleis, ging es durch die Innenstadt zur Schleife Piaski, natürlich wieder mit mehreren Fotohalten, die dem Sonnenstand angemessen waren. Dort stand auch ein Original Einrichtungssechsachser ex Kassel. Nach der Sonderfahrt gab es noch ausreichend Gelegenheit mit den klimatisierten, modernen, dreiteiligen Pesa-Twist-Fahrzeugen durch die Stadt zu fahren. Beim gemeinsamen Abschlussessen regnete es nach einem schönen Sommertag, gleichsam Tränen des Tagungsendes.
Landsberg mit dem echten ER-TW 272 in der Schleife Piaski auf SL 2
ZR-Tw 258 (einer von 2 verbliebenen ZR-GT6) auf der Warszawska
Sonderfahrt mit MTw 137 und 117 auf der Mieska I.
Regelverkehr in Landsberg mit Zugkreuzung zweier Pesa Twist 3 auf SL 1 am Rondo Santockie
Nachtrag: Während des Abendessens machte die Information die Runde, dass vor dem gegenüberliegenden Einkaufszentrum unter einer Plane ein Objekt zu sehen wäre, dass in Form und Größe einem zweiachsigen Straßenbahnwagen mit Stromabnehmer entspräche. Entsprang diese Vorstellung nun dem Enthusiasmus nach einer erfolgreichen Tagung oder dem Genuss polnischer Biere? Kurz entschlossen brachen eine Reihe unserer Mitglieder auf, um das Objekt zu untersuchen. Und tatsächlich: unter der Plane kam ein Oldtimer zum Vorschein, der sich allerdings aus Blechen, Teilen von Straßenbahnen und sonderbaren Rädern als Imitat herausstellte, das wohl Werbezwecken oder als Verkaufsstand dienen wird. So war nun auch dies geklärt.
Jugend forscht: leider nur ein „Fake“vor dem Einkaufszentrum in Landsberg/W. (Aufnahme: Ralfs Krebs)
„Bimba“ auf dem Wollmarkt (Replika)
Text und Bilder Dr. Peter Beil
Programmheft 2024 ohne teilnehmerliste
Bilderbogen Teil 1 (Deutschland):
Bilderbogen Teil 2 (Polen):
Infomaterial der besuchten Betriebe:
Nahverkehr Schwerin GmbH
pub-de-schwerin-öffi-knigge-2024
Mecklenburgische Bäderbahn Molli GmbH
Rügensche BäderBahn Rasender Roland – Eisenbahn-Bau- und Betriebsgesellschaft Pressnitztalbahn mbH