Jahrestagung 2015 Wien

Tagungsprogramm:
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Tagungsheft:
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Tagungsrückblick:

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Moderner ULF (Tw 29 auf SL 9) trifft alten E1 (Tw 4518 auf SL 6) am Urban-Loritz-Platz
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Zweirichtungswagen 7510 auf SL 6 endet an der Brücke SNP unterhalb der namensgebenden Burg wegen Bauarbeiten

Unsere diesjährige VDVA-Tagung begann am Samstag, den 22. August mit “speziellen Sonderfahrten” bei Stern & Hafferl. An der Vortagung nahmen immerhin 44 Nahverkehrsfreunde teil. Nach der Anreise von Linz aus erwartete uns in Lambach bereits der Linienzug mit Tw 20.111, ex Extertalbahn, und schon kurz darauf kamen wir in Vorchdorf an. Nach kurzem Aufenthalt begann die erste Sonderfahrt mit einem ex Kölner “Sambazug”, dem Triebwagen 22.136/236 (ex KVB 1290/2290, ex KFBE, 1953 von Westwaggon). Auf dem Rückweg erfolgten mehrere Fotohalte, die Zugkreuzung erfolgte in Bad Wimsbach-Neydharting, auch hielten wir im neu angelegten Halterpunkt Vorchdorf Schule. Die beiden seit 2004 auf der Vorchdorferbahn eingesetzte “ex Kölner”, über 60 Jahre im Einsatz, sind immer noch recht formschöne und durchaus komfortable Triebwagen. Zurück in Vorchdorf-Eggenberg hatten wir Zeit uns die dort abgestellten Fahrzeuge anzuschauen und beim Bahnhofsvorstand Literatur und Postkarten zu erwerben. Dann ging es weiter mit einem aus Innsbruck ausgeliehenen Flexity Outlook Richtung Gmunden. Aufgrund von Bauarbeiten erfolgte allerdings ab Eisengattern ein SEV, der einen kurzen Schlenker zum Bahnhof Engelhof einlegte, hier soll der neue Betriebshof für die neuen TramLink der StadtRegio-Tram entstehen.

In Gmunden fiel auf, dass das bisherige Pferdeeisenbahn-Museum neben dem Trauntor nicht mehr existiert, schade. Am Traunsee-Ufer konnte noch nichts von den inzwischen begonnenen Bauarbeiten für den zweigleisigen Tram-Ausbau durch das Trauntor und über eine neue Traunbrücke bis zum Klosterplatz gesehen werden. Nach kurzem Imbiss fuhr in die Endstelle am Franz-Josef-Platz unser bestellter Sonderwagen GM9 (ex Vestische 347, Duewag von 1952) ein, kurz darauf folgte der einzige “Zweirichter mit einseitigen Türen” GM8 (1961 von Lohner-Werke, in Duewag-Lizenz). Wir fuhren in großem Abstand hinterher, die Zugkreuzung sollte erst in der Haltestelle Tennisplatz stattfinden, mit GM8 auf seiner Rückfahrt. Vor der Remise waren bereits die weiteren Historischen hergerichtet mit GM5 (Baujahr 1911) und dem GM100 (1995 ex Pöstlingbergbahn von 1898), beide stammen aus der Grazer Waggonfabrik. Der offene Sommerwagen GM100 setzte kurz darauf zu planmäßigen Nostalgiefahrten ein, so dass unterschiedliche Fahrzeuge auf Fotos gebannt werden konnten, es konnte auch mitgefahren werden. Nach später Rückfahrt über Linz ging es mit dem IC weiter nach Wien, wo sich unser Tagungshotel in unmittelbarer Nähe zum Westbahnhof befand.

Ex Kölner "Sambazug" in Bad Wimsbach-Neydharting
Ex Kölner “Sambazug” in Bad Wimsbach-Neydharting
Ex Vestischer GM9 und GM8 von Rotax am Tennisplatz
Ex Vestischer GM9 und GM8 von Rotax am Tennisplatz

Die Haupttagung in Wien begann am Sonntagmorgen mit einem Besuch des Straßenbahnmuseums „Remise“ im ehemaligen Depot Erdberg. Im Jahr 2015 war die Straßenbahnausstellung völlig neu konzipiert wieder eröffnet worden. Die über sechzig Teilnehmer der diesjährigen Tagung wurden in zwei Gruppen fachkundig durch die Sammlung geführt. Die im Vergleich zu früher reduzierte Zahl der Fahrzeuge bot bessere Fotografiermöglichkeiten. Der Rundgang führte vom ersten Pferdebahnwagen bis zu einem halben U-Bahnwagen der Type U. Mit dem Zug 408+5312+5419 (Typen T1+m+m) fuhr die Gruppe dann über den Ring zum Praterstern. Die uns betreuenden Mitglieder des Partnervereins VEF arrangierten, wo es betrieblich möglich war, Fotohalte.

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Sonderzug T1+m+m am Praterstern
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Dampfzug mit Lok 1 im Wiener Prater

Anschließend wurden im Prater Depot und Werkstatt der Liliputbahn besichtigt, deren beide Dampfloks mit 15“-Spurweite aus den 20-er Jahren stammen und im Laufe der Jahrzehnte von einer Reihe unterschiedlicher Dieselloks ergänzt wurden. Mit einem von der Dampflok 1 geführten Zug drehten wir dann eine Runde auf der 3,9 km langen Strecke durch den Prater. Mit dem Regionalzug nach Mödling gefahren, besuchten wir das dortige Stadtmuseum, das sich der Erinnerung an den 360-er widmet, der Linie, die bis 1967 von zunächst von Mauer, zuletzt ab der Wiener Stadtgrenze in Rodaun nach Mödling führte. Das mit unheimlich viel Liebe und persönlichem Einsatz geführte Museum weist eine Reihe typischer Fahrzeuge in mustergültiger Restaurierung auf. Mit zwei „Haubenschnautzer“-Oldtimer-Bussen, einem Gräf&Stift und einem Saurer, fuhren wir danach auf den Spuren des ehemaligen 360-er von Mödling nach Rodaun, wo heute der 60-er endet. Den Abend beschloss ein leckeres Kennenlernessen im Heurigen-Lokal Wiltschko, auf dem die neuen Teilnehmer der Tagung noch einmal persönlich vorgestellt und willkommen geheißen wurden.

Am Montag standen die Wiener Lokalbahnen auf dem Programm. Der Sonderzug 231+223 holte uns am Westbahnhof ab und brachte uns entlang des Gürtels auf die Stammstrecke.

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Edel reisen nach Baden in Tw 223+231
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Die Endstation Baden verknüpft Bus und Bahn

In flotter Fahrt ging es dann bei strahlendem Sonnenschein Richtung Baden. In Traiskirchen wurde eine Überholung des Planzuges auf dem Gegengleis arrangiert. In Baden bestanden ausreichende Möglichkeiten, die aus jeweils einem niederflurigen T400 (Bombardier) und einem hochflurigen Fahrzeug der Reihe 100 (GT8 von SGP) bestehenden Planzüge zu fotografieren und sich auch den wunderschönen Kurort anzusehen und einen Imbiss in einem der zahlreichen Straßenlokale einzunehmen.

Der Sonderzug brachte uns dann zum Depot Wolfganggasse in Wien zurück, wo alle historischen Wagen und die beiden Generationen der Planfahrzeuge für uns vor der Halle arrangiert wurden, auch für das Gruppenbild dieser Tagung. Da die WLB diesen Standort verlässt, war dies gleichzeitig auch ein historischer Moment. Man hofft, dass die Halle vielleicht für einen Supermarkt erhalten werden kann. Weiter führten uns zwei historische Busse des Österreichischem Autobusmuseums ÖAM, ein Gräf&Stift und ein „Youngtimer“, der Gräf&Stift/Steyr von 1992 zu einer Fahrt über die Wiener Höhenstraße zum Kahlenberg. Die Mitgliederversammlung am Abend führte mit großer Mehrheit der Mitglieder zu konkreten Zielen für die Tagung 2016 im Ruhrgebiet und zur Festlegung des Tagungszieles 2017 im Baltikum mit Helsinki.

Am Dienstag widmeten wir uns der Technik im Großen wie im Kleinen. Zunächst holte uns der Dreiwagenzug 4023+1627+1630 (Typen M+k3+k3) vor dem Tagungshotel ab und brachte uns in die Hauptwerkstatt. Dort wurde in den letzten Jahren der Arbeitsablauf bei laufendem Betrieb umorganisiert, so dass ein Fahrzeug nicht mehr von einer Station zur anderen transportiert werden muss, sondern dass – bis auf die Lackiererei natürlich – alles an einem Stand behandelt werden kann, was zu deutlicher Zeitersparnis führt. Besonderes Interesse fand die große Schiebeplatte statt einer Schiebebühne, auf der auch die langen ULFs über Kurven bewegt werden können. Ein schmackhaftes Mittagessen wurde den Teilnehmern serviert, bevor uns 4152+5235+5400 (M+m+m) zum Bahnhof (Betriebshof) Favoriten fuhr. Hier wird nur leichte Instandhaltung geleistet. Viele Fahrzeuge stehen frei zugänglich beiderseits einer öffentlichen Straße.

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Sonderzug M+k3+k3 am Mariahilfer Gürtel
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Schiebeplatte mit vier Kreisbögen zur Bewegung langer ULFs in der Hauptwerkstätte

Von Favoriten brachte uns der historische Zug zur Firma Halling, die bekannt ist für ihr umfangreiches Angebot an sehr gut detaillierten Straßenbahnmodellen. Leopold Halling selbst führte die Gruppe durch seine Werkstätten und erklärte den aufwändigen Bau der Modelle von der Konstruktion über den Formenbau, den Spritzguss bis hin zur Bedruckung. Die Stückzahl bei Halling übersteigt die der Originale um ein Vielfaches, und zahlreiche Modelle wechselten an diesem Nachmittag den Besitzer.

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M+m+m rückt im Bahnhof (Betriebshof) Favoriten ein
Leopold Halling erklärt das Modell des Hannoveraner Tw 3000
Leopold Halling erklärt das Modell des Hannoveraner Tw 3000

Am nächsten Tag stand die Besichtigung des Wiener Siemens-Werkes, vormals Simmering-Graz-Pauker auf dem Programm. Der Werksleiter begrüßte unsere Tagungsgruppe und schilderte das Lieferprogramm des Wiener Standorts und die für die Beherrschung dieser Komplexität eingesetzten Lean-Management-Prinzipien. Auch wenn der Auftrag für die nächste Generation der Wiener Straßenbahnwagen verloren ging, so steht das Werk doch mit den Kompetenzbereichen Schwarzblech, Edelstahl und Aluminium allen weiteren Angeboten offen. In der Fertigung konnten wir die Fahrzeuge für Wien (ULF und U-Bahn), für München, Doha und Riad sowie für die Eisenbahnen ÖBB (Railjet) und SBB (Doppelstockwagen) besichtigen. In kurzer Fahrt ging es danach mit der nahegelegenen S-Bahn nach Schwechat. Dort servierte uns der VEF im Eisenbahnmuseum Schwechat ein Wiener Büfett. Das Museum beherbergt eine Vielzahl von Fahrzeugen von der Feldbahn bis zu Triebzügen, die meisten vor der Witterung geschützt dicht gedrängt in Hallen untergestellt. Die Aufarbeitung stellt aber eine wahre Sisyphus-Arbeit dar.

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Die letzten ULFs im Bau im Wiener Siemens-Werk
Feldbahn im Eisenbahnmuseum Schwechat
Feldbahn im Eisenbahnmuseum Schwechat

Die anschließende Sonderfahrt von der Schleife Leberstraße über Praterstern nach Ottakring wurde mit dem Tw 711 (Type F) und dem Tw 548 (Type L) durchgeführt. Der letzte Abend in Wien klang beim Heurigen in der „10-er Marie“ in Ottakring unter dem Vollmond gemütlich aus. Rolf Hafke, 1. Vorsitzender des VDVA dankte den Helfern vom VEF, namentlich Josef Sabor und Harald Baminger für ihre exzellente Vorbereitung, Organisation mehrerer Programmpunkte und Durchführung der Sonderfahrten.

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Die eleganten Typen F und L am Stadtbahnhof Josefstädter Straße

Unser letzter Tag in Wien stand ganz im Zeichen der U-Bahn: zunächst besuchten wir, in zwei Gruppen aufgeteilt, die U-Bahn-Werkstätte Wasserleitungswiese, in der die Züge der Typen U und V gewartet werden. Auch das „lichtscheue Gesindel“, wie Straßenbahnfreunde gerne die Arbeitsfahrzeuge bezeichnen, die man nie zu Gesicht bekommt, konnten wir fotografieren. An der Haltestelle Michelbeuren besichtigten wir dann die Werkstatt der U6, die eine Ausnahmelinie ist: nur hier und dies ausschließlich fahren die Typen T und T1, wobei immer Vierwagenzüge gebildet werden. Durch den hohen Takt, der in Spitzenzeiten bei zweiminütigem Abstand 31 Züge erfordert, ist eine große Zahl an Fahrzeugen nötig. Ab und zu werden hier auch ULFs gewartet, was einen Spannungsbereich von 600 V statt der auf der U6 verwendeten 750 V erforderlich macht. Nachdem die Type T erstmals 1993 gebaut wurde, wurde der Nachfolger T1 äußerlich sehr ähnlich erst ab 2008 erstellt.

Type U aufgebockt in der U-BahnWerkstätte Wasserleitungswiese
Type U aufgebockt in der U-BahnWerkstätte Wasserleitungswiese
Direkt an der U6 liegt die Werkstatt Michelbeuren
Direkt an der U6 liegt die Werkstatt Michelbeuren

Am Nachmittag reisten die zur Nachtagung angemeldeten Teilnehmer per Katamaran oder Zug in die nur 55 km entfernte slowakische Hauptstadt Bratislava, das frühere Pressburg. Leider waren dort etliche Straßenbahnabschnitte wegen umfassender Gleisbauarbeiten nicht in Betrieb.

Am Freitagmorgen wurden wir von einem historischen Karosa-Bus vom Hotel ins Depot Krasňany gebracht. Der in den 70-er Jahren errichtete Betriebshof beherbergt alle Fahrzeugtypen außer den Skoda-Niederflurwagen. Ein Gleis ist für historische Fahrzeuge reserviert. In einer Halle sammeln sich viele aufzuarbeitende Busse und O-Busse einschließlich etlicher Ersatzteilspender. Mit dem K2 317 und dem T2 215 fuhren wir dann zurück ins Stadtzentrum, wo im Stumpf der nach Petrzalka in Bau befindlichen Strecke am Námesti SNP ein Fotohalt vorbereitet war. Weitere Fotohalte, die wegen des dichten Takts nur in Betriebsstrecken, Ausweichen oder mehrgleisigen Endschleifen durchgeführt werden konnten, waren an der Vazovova und in der Schleife am Bahnhof Neustadt (ŽST Nové Mesto). Schließlich erreichten wir die Werkstatt Jurajov dvor. Hier stehen unzählige abgestellte Busse und O-Busse in der Hoffnung auf eine anderweitige Verwendung abgestellt. Neben den Werkstätten mit hoher Fertigungstiefe in allen Bereichen ist eine neu errichtete Halle für die Wartung der Niederflurwagen vorhanden. Nach einem schmackhaften Mittagessen für die (meisten der) Tagungsteilnehmer in der Kantine wurde die Sonderfahrt mit dem Zweiachser-Gespann 38+135 aus den 50-er Jahren fortgesetzt. Unser Ziel war die viergleisige Schleife Dúbravka an der weit ins Umland hinausführenden Strecke, die einen hohen Fahrplantakt mit drei Linien aufweist. Den Abschluss des Nachmittags bildete ein Besuch im Verkehrsmuseum, in dem auch eine Lok der Preßburger Bahn zu bewundern war, die 2011 von Stern und Hafferl in Eferding erworben werden konnte.

Historische T2 und K2 im Stadtzentrum
Historische T2 und K2 im Stadtzentrum
Historischer Zug wird von modernem Skoda überholt
Historischer Zug wird von modernem Skoda überholt

Am Abschlusstag der diesjährigen Nachtagung stand eine Sonderfahrt mit einem Skoda 15 Tr 13/6M Gelenk-O-Bus auf dem Programm. Das ausgedehnte O-Bus-Netz deckt im hügeligen Bratislava alle steigungsreichen Strecken ab, während die flachen Strecken von der Straßenbahn bedient werden. Den Abschluss bildete eine Besichtigung des Betriebshofs Hrobonova. Den Ausklang begingen die Teilnehmer am Abend in einem zünftiges, historisches Brauhaus bei einem Abschiedsessen.

Damit ging eine erfolgreiche Tagung zu Ende, an der 66 Verbandsmitglieder und Gäste teilnahmen, darunter acht ausländische Teilnehmer aus fünf Nationen. Die Tagung im kommenden Jahr wird zum 60-jährigen Bestehen des VDVA am Ort der ersten Tagung, in Essen und dem erweiterten Ruhrgebiet vom 20. bis 27. August 2016 stattfinden.

Skoda 15 Tr 13/6M in der Schleife xxx
Skoda 15 Tr 13/6M in der Schleife Koliba
Historischer O-Bus im Depot Hrobonova
Historischer O-Bus im Depot Hrobonova

Text und Bilder: Rolf Hafke (Vortagung) und Dr. Peter Bell (Haupt- und Nachtagung)