Jahrestagung 2019 Schweden

Tagungsprogramm:
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Tagungsheft:
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Tagungsrückblick:

Die 70. Jahrestagung des VDVA fand dieses Jahr in Skandinavien statt, wozu sich am Freitag, dem 26.7.19 an Gleis 8 des Hamburger Hauptbahnhofs über 50 Teilnehmer*innen trafen, um auf der Vogelfluglinie nach Nyköbing zu fahren. Leider wurde der Triebwagen nicht mit trajektiert. Erstes Ziel war das Straßenbahnmuseum Skjoldenæsholm, das uns zunächst mit zwei Youngtimer-Bussen von Nyköbing nach Ringsted brachte. Nach einem leckeren dänischen Abendessen im Golfclub beim Museum konnten wir die sonst nicht zugänglichen Hallen besuchen. In der neuen Halle 4 können Meterspurwagen und Busse behandelt werden. In der riesigen Halle 3 sammelt sich ein riesiger Vorrat an Bahnen, Bussen, Ersatzteilen und allen möglichen Zeitzeugen rund um den historischen ÖPNV. Anschließend drehten wir in der blauen Stunde eine Rune mit fünf verschiedenen Museumswagen. Die Strecke war dabei mit zahlreichen Glühlampen an der Oberleitung illuminiert.

Abb.1-3 Abendliche Ausfahrt im Straßenbahnmuseum Skjoldenæsholm ↴

Abb.4 Kavalkade von 5 Garnituren für den VDVA in der Endschleife Eilers Eg ↴

Abb.5 Ex-Hamburger 3657+4384 im schattigen Waldbereich ↴

Noch viel, viel mehr vom Dänischen Straßenbahn-Museum erlebten wir dann am nächsten Tag: im 5-Minuten-Takt fuhren die Bahnen an diesem Samstag! Neben zahlreichen Fahrzeugen aus Kopenhagen waren auch Wagen aus Oslo, Rostock, Den Haag, Prag und Melbourne unterwegs. Immer wieder wurden Wagen ausgetauscht, damit möglichst viele benutzt und fotografiert werden konnten. Unter den mehr als 50 Mitarbeitern, die an diesem Tag im Einsatz waren, herrschte eine gute Stimmung, was man besonders erfuhr, als ein kleiner Oberleitungsschaden eintrat. Mit eigener Diesellok und Turmwagen war er schnell behoben und blad fuhr alles wieder nach Plan. Mittags wurden wir mit Smörrebröd – wahren Delikatessen – versorgt. Der Museumsleiter Mikael Lund persönlich führte uns durch die Wagenhalle mit Werkstatt und erläuterte die einzelnen Projekte. Anschließend führte er uns auch durch das „Magazin“, einen Neubau, der Bibliothek, Lager, Dokumentations- und Vortragsräume umschloss, genauso wie eine umfangreiche Kleiderkammer für Uniformen. Bei sonnigem Sommerwetter nutzten wir bis zum Schluss die Möglichkeit, die reizvolle Strecke mit den schön abwechslungsreich ausgestatteten Haltestellen und Straßen zu befahren. Ein Höhepunkt unserer Tagung!

Abb.6 Der meterspurige Flensburg 36 holt die Besucher am Parkplatz ab ↴

Abb.7 Blick aus einem Doppelstock-Triebwagen ↴

Abb.8 DÜWAG-Treffen von Düsseldorfer Rheinbahn und Kopenhagener Straßenbahn ↴

Abb.9 Halle 1 des Museums Skjoldenæsholm ↴

Am Sonntagmorgen setzte Regen ein, als wir von Ringsted über Kopenhagen und die Öresundbrücke von Dänemark nach Schweden, genauer nach Malmö fuhren. Der Regen hörte auf, als uns zwei historische Busse zur Museumslinie gefahren hatten: in einem Dreiviertelrund um den Stadtpark fuhren zwei historische Zweiachser, die zudem an der Depotzufahrt als Ausweiche dreieckten. Die normalspurige Strecke bot eine Reihe hübscher Fotomotive im zurückgekehrten Sonnenschein. Am späteren Nachmittag ging es per Zug dann weiter nach Göteborg, wo die blauweißen Straßenbahnen uns begrüßten.
Der Montag startete mit einer Stadtführung zu Fuß, mit der ÖPNV-Fähre im Zickzackkurs über den Göta-Fluss und mit der Straßenbahn wieder zum Hotel. Mittags traf sich die Gruppe am reichlich mit sehr gut restaurierten Bahnen gefüllten Museumsdepot Gårda. Mit dem Zug 208+336 fuhren wir kreuz und quer durch Göteborg.

Abb.11 Tw 100 (Bj. 1906) am Depot ↴

Abb.10 Tw 20 (Umbau 1920) vor dem Wahrzeichen von Malmö, „Turning Torso“ ↴

Abb.12 Tw 315 (Typ M31) auf der Södra Hamngatan in Göteborg ↴

Die Stadt bietet erstaunliche Höhenunterschiede, die mit den kräftig motorisierten Fahrzeugen gut gemeistert werden. Vor einer zweiten Runde wurden wir in drei Gruppen durch das achtgleisige, volle Museumsdepot geführt, wobei hier auch einige Busse und ein O-Bus Platz finden. Ob von den Ansaldo-Triebwagen auch einmal einer den Weg in diese reiche Sammlung findet?

Abb.13 Tw 826 + 760 vom Typ M29/M28 auf der Norra Hamngatan nahe dem Hauptbahnhof ↴

Abb.14 Unser Team vor dem Mustang-Zug Tw 15 + Bw 223 am Linnéplatsen ↴

Mit dem Mustang-Gespann 15+423 ging es dann über die hohe Klappbrücke, die durch eine im Bau befindliche niedrigere Hebebrücke ersetzt wird, in die Nordstadt. Wieder zurück auf der östlichen Seite wurde noch die nach Norden führende Linie bis zur Schleife Kortedala befahren, die auch einige Tunnel durch den harten Fels zu bieten hat.

Am Dienstagmorgen verließen wir Göteborg und fuhren durch die mit Kiefern- und Birkenwäldern, weiten Getreidefeldern und romantischen Seen gesäumte Strecke mit Umstieg in Katrineholm nach Norrköping. Dort holte uns Wagen 69 vom Typ M97, dessen Wurzeln in Duisburg liegen, am Bahnhof ab. Wir befuhren das gesamte Netz mit den beiden Linien 2 und 3 und unser Fahrer Willy Forsström organisierte uns günstige Fotohalte, wobei sich die Sonne immer mehr blicken ließ. Zwischendurch besichtigten wir das Museum mit den leider nicht im Personenverkehr zugelassenen Fahrzeugen, die für unsere große Gruppe aber auch deutlich zu wenig Fassungsvermögen gehabt hätten. Sie waren jedoch so weit wie möglich fotogen aufgestellt. Dem schloss sich ein Gang durch die Depothalle an, vor deren Front der Partywagen, der mit der Originalfront von Düwag und ohne Niederflur-Mittelteil als Sechsachser dem Originalzustand noch am ähnlichsten war, und zwei weitere Museumswagen in der Sonne glänzten. Vor der Weiterreise nach Stockholm hatten wir am Bahnhof noch genügend Zeit, um auch andere Planfahrzeuge zu fotografieren. Wegen Baumaßnahmen in Stockholm mussten wir zum Hotel einmal mehr umsteigen, wurden aber dafür von einem befreundeten Stockholmer Straßenbahnfreund im Bahnhof Södra empfangen und bis zum Hotel geleitet.

Abb.15 Tw 68 sieht man seine Duisburger Herkunft in Norrköping kaum noch an ↴

Abb.16 Unser Sonderzug Tw 69 beim fotogenen Halt vor einem typischen Schwedenhaus ↴

Mit einer Sonderfahrt auf der Djurgardslinjen, der Linie 7 der Stockholms Sparvägn begann der Mittwoch. Diese Linie hat eine wechselhafte Vergangenheit: 1967 stillgelegt, 1991 als Museumsbahn wiedereröffnet, 2010 als reguläre Linie wieder betrieben und in der beschlossenen, aber nicht begonnenen Verlängerung bis zur Lidingö-Brücke mit großer Zukunft. Wir fuhren mit dem „Mustang“-Tw 331 vom Norrmalmstorg bis zur Schleife Waldemarsudde, die steigungsreich um die italienische Botschaft führt. Nach einem Besuch des Depots, das zur Zeit vergrößert wird, wurde die Fahrt mit Tw 76 fortgesetzt. Der Nachmittag stand frei zur individuellen Gestaltung: Lidingö-, Tvär- oder Nockeby-Bahn waren empfehlenswerte Ziele. Alle Linien schlängeln sich durch die Schären-Felsen mit ordentlichen Steigungen. Die lange Tvär-Bahn überquert auf hohen Brücken den Mälarsee.
Am Donnerstag holte uns ein Volvo B58 ex SJ1120 Baujahr 1970 der Busvereinigung am Hotel ab, um uns kreuz und quer durch die Stadt oder besser gesagt über die Inseln zu fahren. Wir besuchten den Aussichtspunkt südlich von Slussen, um den Blick auf die Altstadt zu haben. Später folgten wir dem projektierten Weg der Verlängerung der SL 7 nach Lidingö.

Abb.17 „Mustang“ Tw 331 begegnet Tw 5 der Spårväg City auf der Hamngatan in Stockholm ↴

Abb.18 Tw 76 hat die Schleife Norrmalmstorg verlassen ↴

Abb.19 A34-Tw 5 und 6 der SL 7 „Spårväg City“ begegnen sich an der Endstelle T-Centralen ↴

Abb.20 A35-Tw 461 endet wegen hohen Fahrgastaufkommens verspätet vorzeitig in der Zwischenschleife Skansen ↴

Am Nachmittag besuchten wir das sechste und neueste Depot samt Werkstatt der Tunnelbanan
(U-Bahn) in Norsborg. Der erst Ende letzten Jahres eröffnete Betriebshof machte einen klinisch sauberen Eindruck. Drei flammneue vierteilige C30-Halbzüge von Bombardier wurden auf ihren ersten Einsatz getestet. Fünf dieser Züge haben im Wartungsbereich Platz. Die abzustellenden Fahrzeuge unterfahren von der Haltestelle kommend den Werkstattbereich, um unterirdisch hinter der Waschanlage nach einer 180°-Kurve unter 15 m Felsboden auf derzeit elf Abstellgleisen für je zwei Vollzüge in drei Tunnelhallen zu nächtigen und gereinigt zu werden.

Abb.21 Volvo B58 (Bj. 1970) der Schwedischen Omnibusvereinigung ↴

Abb.22 Endstelle der roten Linie T13 mit unterirdischer Ausfahrt des Depots Norsborg ↴

Die Felshöhlen sind dazu auch noch beheizt. Über eine zweite 180°-Kurve ist dann erst die Werkstatt zu erreichen. Es besteht bereits ein Rohbau mit der Option auf vier weitere Abstellgleise entsprechend einer weiteren Tunnelhalle und einer Kehrschleife.

Abb.23 Gruppenfoto im modernsten Depot der Tunnelbanan, Norsborg ↴

Zur freien Verfügung stand der nächste Tag, so dass man immer wieder Verbandsteilnehmer auf einer der Vorortbahnen antraf: die Lidingö-Bahn, die von auf die gleichnamige Insel von Ropsten aus über die malerische Brücke führt, und von deren Endstation Gashaga Brygga man per Schiff wieder ins Zentrum fahren kann. Oder die mit der seltenen Spurweite von 891 mm betriebene Roslagsbanan, die sich im Norden verzweigt. Oder gleich am Hotel die Nockeby-Bahn, die sich durch Alstens bis zum namensgebenden Vorort schlängelt. Oder mit der Tvärbanan (Querbahn), die tangential das Stockholmer Zentrum umfährt und dabei über hohe Brücken führt.

Abb.24 Tw 554 hat die Insel Lidingö verlassen und die Endstelle Ropsen erreicht ↴

Abb.25 Roslagsbanan an der Verzweigung Djursholms Ösby ↴

Abb.26 Bauarbeiten an Slussen behinderten Tunnelbanan und Eisenbahn ↴

Abb.27 L25 der Saltsjöbanan zur Rückfahrt von Saltsjöbaden bereit ↴

Bombardier-Bahnen vom Typ A32 werden einzeln auf der Nockeby- und in Doppeltraktion auf der Tvär-Bahn eingesetzt. Auf der letzteren Linie begegneten uns auch einzelne CAF-Doppeltraktionen (A35). Oder die Saltsjöbanan, die mit ehemaligen U-Bahn-Wagen in den Südosten führt mit herrlichen Ausblicken auf die Schären. Bei den Wagen, die auf L25 in Doppeltraktion, auf der kurzen L26 in Einzeltraktion verkehrten, ist die jeweils die mittlere Tür ausgebaut und durch ein zusätzliches Abteil ersetzt worden. Abends stand nach einem skandinavischen Buffet die Mitgliederversammlung auf dem Programm.
Das Programm am Samstag führte uns zum Straßenbahnmuseum nach Malmköping. Vom Bahnhof in Flen holt uns ein Leyland-Doppelstockbus ab, der ehemals in Diensten der SJ war. Dann konnten wir mit drei historischen Stockholmer Straßenbahnen die idyllische Strecke befahren: Ausblicke auf Seen wechseln mit engen Felsschluchten ab, durch die sich die Strecke schlängelt. Außerdem erhielten wir Einblick in die Werkstadt, wo gerade ein Holztriebwagen der Lidingö-Bahn restauriert wurde. Der alte Rundlokschuppen bot dafür zu wenig Platz und Ausrüstung. In zwei 60 m langen, je 5-gleisigen Hallen konnten wir einerseits die restaurierten aber nicht im Fahrdienst befindlichen Fahrzeuge bewundern und andererseits den „Arbeitsvorrat“, denn das Museum hat sich zur Aufgabe gemacht, alle historischen schwedischen Wagen, derer man gewahr wird, vor der Verschrottung zu schützen. Bei schönstem Sonnenlicht dieses späten Augustnachmittags ging es dann zurück nach Stockholm.

Abb.28 Dan Erik Göransson führte und fuhr uns gut in Stockholm und Malmköping ↴

Abb.29 Stabwechsel an der Ausweichstelle Trumslagarskogen, Museumsstraßenbahn Malmköping ↴

Abb.30 Tw 143 und Bw 915 ex Stockholm in Malmköping ↴

Abb.31 Gruppenfoto am Depot der Museumsstraßenbahn Malmköping ↴

Der Sonntag beendete die Jahrestagung 2019 mit einem Besuch der Dampfeisenbahn Mariefred (Östra Södermanlands Järnväg). Mit dem Zug ging es zunächst bis Läggesta. Trotz 20-minütiger Verspätung wurden wir sehr entgegen¬kommend von den Kleinbahnern dort abgeholt und zunächst wegen Waldbrandgefahr mit einer russischen vierachsigen Diesellok vor den mehr als 100 Jahre alten Wagen befördert. Ab Mariefred wurde aber eine Dampflok eingesetzt. Sechs davon sind betriebsbereit und wurden uns bei einer ausgiebigen Depotführung präsentiert, darunter auch einer der seltenen erhaltenen Decauville-Lokomotiven. Aber auch eine Mallet und eine Heeresfeldbahnlok und eine Akkulok gehören zum Bestand historischer Fahrzeuge. Obwohl der Verein sich nur aus Fahrgeldern und nicht aus öffentlichen Zuwendungen finanzieren muss, machte alles einen hervorragenden Eindruck. Danach bestand die Möglichkeit, Schloss Gripsholm zu besuchen oder weiter mit der Dampfbahn zu fahren. Am späten Nachmittag holte uns dann der Dampfer „Mariefred“ ab, das älteste mit Kohle betriebene Dampfschiff, das im täglichen Einsatz ist. Von Bord genossen wir die Fahrt durch die Schärenlandschaft des Mälarsees oder ein schmackhaftes Essen an Bord – oder beides. Sehr zufrieden mit dem rundum geglückten Verlauf der Tagung erreichten die Teilnehmer Stockholm am Klara Mälarstrand am imposanten Stadthaus.

Abb.32 Dampfeisenbahn Mariefred (Östra Södermanlands Järnväg) ↴

Abb.33 Lok 9 „Nian“ von 1915 nach dem Wasserfassen ↴

Abb.34 Bahnhof Mariefred nahe Schloss Gripsholm ↴

Abb.35 SS Mariefred verbindet nahezu täglich seit 1903 Stockholm und Mariefred ↴

Text und Bilder: Dr. Peter Bell