Jahrestagung 1954 Raum Hannover
26.7.1954
Rundschreiben
An die Teilnehmer der Jahrestagung 1954 der deutschen Verkehrs-Amateure in Hannover
Die Teilnehmer finden sich am Abend des 4. August 1954 (Mittwoch) zu einem zwanglosen Treffen im Restaurant des Hotel “Union” Maschstrasse 15 (Nähe Ägidientorplatz) ein.
Hier werden den Teilnehmern Tagungsunterlagen und Programm ausgehändigt.
Die Unterkünfte – sofern von den Teilnehmern gewünscht – finden in diesem Hotel gemeinsam statt. Aufgrund einer Pauschalvereinbarung beläuft sich der Bettpreis pro Nacht auf DM. 6,— zuzügl. 10% Bedienung, pro Frühstück auf DM 2,— zuzügl. 10%Bedienung. Bei Nichteinnahme des Frühstücks erhöht sich der Bettpreis pro Nacht um DM, 1,—.
Am Donnerstag, den 5. August 1954 treffen sich die Teilnehmer um 9.00 Uhr am Ägidientorplatz, Abstellgleis Bleichenstrasse, wo mit einem Strassenbahn-Sonderzug eine Rundfahrt angetreten wird.
Stetza.
Vorläufiges Programm der Zusammenkunft der deutschen Verkehrs-Amateure vom 5.-7.8.1954 in Hannover (Änderung 7.8. bereits eingearbeitet)
Mittwoch, den 4.8. abends: zwangloses Beisammensein der eintreffenden Teilnehmer.
Donnerstag, den 5.8. ca. 9 Uhr Begrüssung. Rundfahrt mit Strassenbahnwagen im Stadtnetz Hannover mit Besichtigung von Depots, Werkstatt und des Museums.
ca. 13 Uhr Mittagessen in der Kantine der Üstra.
ca. 14,30 Uhr Rundfahrt mit Strassenbahnwagen auf dem Überlandnetz Hannover mit Besichtigung von Anlagen für den Güterverkehr sowie der Kanalschleuse Misburg.
ca. 19 Uhr: Abend zur freien Verfügung.
Freitag, den 6.8. ca. 9 Uhr: Besichtigung einer Anlage der DB in Hannover.
ca. 12 Uhr Mittagessen in der Kantine der Üstra.
ca. 13 Uhr Abfahrt mit der Überland-Strassenbahn nach Hildesheim und kurze Besichtigung des Hildesheimer Obusbetriebes. Anschliessend Weiterfahrt mit einem Omnibus der Üstra zur Waggonfabrik Elze.
ca. 16 Uhr Besichtigung der Waggonfabrik Elze, anschliessend Imbiss.
ca. 19 Uhr Rückfahrt mit Omnibus der Üstra nach Hannover.
Sonnabend, 7.8.1954 7,50 Uhr Treffpunkt Hauptbahnhof, Schalterhalle
8,10 Uhr Abfahrt mit Personenzug nach Celle (ermässigter Fahrpreis pro Teilnehmer DM. 1,40)
9,12 Uhr Ankunft in Celle und kurze Besichtigung des Strab- und Omnibusbetriebes Celle
10,50 Uhr Abfahrt mit Omnibus der Celler Strab ab Celle zum Flugplatz Hannover-Langenhagen (Fahrt ist kostenlos)
11,30 Uhr Besichtigung des Flughafens Hannover-Langenhagen
ca. 13,00 Uhr Abfahrt mit planmässigen Omnibus- und Strabzügen zur Kantine der Üstra
13,45 Uhr Mittagessen in der Kantine der Üstra
ca. 14,30 Uhr Vorführung eines Verkehrsfilmes und Lichtbilder-Preisausschreiben in der Kantine der Üstra
ca. 16,00 Uhr Abfahrt zum Maschsee mit Besichtigung der Flotte und der Werkstatteinrichtungen, anschliessend Bootsfahrt
19,00 Uhr Gemütliches Beisammensein in einem Maschsee-Lokal (je nach Wetterlage) — und Abschluss der Jahrestagung.
Im Interesse einer reibungslosen Programmabwicklung wird freundlichst gebeten, sich zu den angegebenen Zeiten pünktlich einzufinden.
Kleine Änderungen oder zeitliche Verschiebungen müssen Vorbehalten bleiben. Diese werden rechtzeitig bekanntgegeben.
1. Juli 1954
Brief an Nordwestdeutscher Rundfunk, Hannover
und identisch an Hannoversche Presse, Schriftleitung, 20a Hannover, Georg-Strasse 33
Jahrestagung der Verkehrs-Amateure in Hannover
Ich erlaube mir, Innen in der Anlage eine Teilnehmerkarte zur Jahrestagung der deutschen Verkehrs-Amateure zu überreichen, die in diesem Jahre in der Zeit vom 5.-7.8. unter meiner Leitung in Hannover stattfindet. Wie Sie aus dem beigefügten Programm und dem Merkblatt ersehen wollen, wird die Tagung von Rundfahrten und Besichtigungen im dortigen Raum ausgefüllt, an denen u.a. die Straßenbahnen Hannover, die Deutsche Bundesbahn, die Verkehrsbetriebe in Hildesheim und Celle sowie die Niedersächsische Waggonfabrik Joseph Graaff G.m.b.H in Seelze beteiligt sind.
Ich würde es begrüssen, wenn Se wie in den vergangenen Jahren in Hamburg und München die Gelegenheit der Tagung zu einer kleinen Reportage benutzen würden und wäre dankbar, wenn Sie einen Herrn bereits zu dem am Mittwoch Abend im Restaurant des Hotel “Union” stattfindenden, zwanglosen Beisammensein entsenden könnten, damit mit diesem eine Verabredung zu einer kleinen Aussprache getroffen werden kann.
Mit vorzüglicher Hochachtung !
Anlagen.
6.8.1954
Hannoversche Presse
Verkehr als Leidenschaft – Verkehrs-Amateure aus dem Bundesgebiet in Niedersachsen
Eine der originellsten Jahrestagungen, die die Landeshauptstadt in diesem Jahre erlebt, dürfte das Treffen der „Verkehrs-Amateure“ aus dem ganzen Bundesgebiet sein; aber auch einige Freunde aus der Sowjetzone haben die Reise auf sich genommen. Ihr fachmännischer Häuptling ist ein Essener Journalist.
Was Verkehrs-Amateure sind? Das haben wir uns zuerst auch gefragt. Einer tippte: „Das seien die Verkehrsteilnehmer, die immer aufgeschrieben werden.
Mitnichten. Die Amateure stammen aus den verschiedensten Berufen, aber alle haben sie ein Hobby: sie sammeln und studieren alles, was sich auf Verkehrswegen bewegt oder jemals bewegt hat. Sie sammeln, wie ihr Anführer, 55 000 Fahrscheine. Oder Kursbücher. Sie kriechen unter jedes Fahrzeug, sei es elektrisch, mit Dampf oder Kraftstoff betrieben. Drei junge Hannoveraner, die Bismarckschüler Hans Ahlbrecht und Jörg Zimmer und der Maschinenbaustudent Helmut Martens haben sich speziell der Wissenschaft von den Straßenbahnen und von den Kleinbahnen oder der Verkehrsgeschichte verschrieben.
Einen Schwächeanfall vor lauter Entzücken erleiden echte Verkehrsamateure, wenn sie den stählernen Leib einer Lokomotive berühren können. Ob Handelsvertreter, Professor oder Friseur, sie träumen nicht nur davon, selber eine Lokomotive zu fahren, sondern sammeln alle Angaben über Anzahl, Typen, Spurweiten und Dampfdruck.
Davon abgesehen, ist schon mancher praktische Vorschlag so lange durchgekämpft worden, daß sich Verkehrsbetriebe überzeugen ließen.
Kein Wunder, daß die Verkehrsamateure während ihrer Jahrestagung bei den Verkehrsträgern gute Freundschaft finden. Am Donnerstag nahm die Üstra die leidenschaftlichen Verkehrsstudenten unter ihre Fittiche. Man zeigte ihnen das Straßenbahnmuseum, ließ sie auf Fahrerständen im Straßenbahnhof Döhren herumklettern und, am Nachmittag, auf einer Außenstrecke sogar an die Kurbel.
Auch die Depots und Werkstätten öffneten ihre Türen für die Verkehrsamateure. Als Sonderzüge für ihre Rundfahrten dienten zuerst der Blumenzug, dann einer der modernen Großraumwagen. Jedesmal wurden technische Angaben säuberlich mitgeschrieben und viele Privataufnahmen von dem ereignisreichen ersten Tag gemacht.
Heute, am Freitag, laufen die Verkehrsfreunde zur Bundesbahn über. Sie zeigt ihnen den Verschiebebahnhof Seelze. Außerdem werden der Hildesheimer Obusbetrieb und die Celler Straßenbahn besucht. Ebenso hat der Flughafen Hannover und, nach Elze, die Niedersächsische Waggonfabrik eingeladen.
Sie alle wissen, wie wichtig und erfreulich es ist, wenn sich ganz ohne materielle Nebenabsichten unbefangene, aber ernsthaft interessierte Leute für solch eine öffentliche Angelegenheit erwärmen, wie es der Verkehr nun einmal ist. -n-
<< Man müßte Straßenbahn fahren dürfen
Die Straßenbahndirektion wußte, daß sie den in Hannover versammelten „Verkehrs-Amateuren“ einen Leckerbissen zu bieten hatte. Sie zeigte ihnen vor allem auch das Straßenbahnmuseum, das im hinteren Teil des Straßenbahnhofs Döhren untergebracht ist. Von sieben originale Exemplare alter Pferdeomnibusse (im Bilde links), die vor hundert Jahren Hannovers erstes öffentliches Verkehrsmittel dieser Art waren. Rechts eine der ersten Pferdebahnen, wie sie nach dem deutsch-französischen Kriege auf Schienen entlang gezogen wurden. Foto: Ebiska
6.8.1954
Hannoversche Allgemeine Zeitung
Kurioses Völkchen mit Passion – Verkehrsfreunde besuchen Hannover / Einer sammelte 55 000 Fahrscheine
Die Direktion der Straßenbahn und der Bundesbahn in Hannover haben seit Donnerstag ungewöhnliche, aber gern gesehene Gäste aus dem ganzen Bundesgebiet, aber auch aus Mitteldeutschland. Diese gehören dem Bund der „Verkehrs-Amateure“ an, der hier seine Jahrestagung durchführt. Mit dem Blumenzug und einem Großraumwagen besuchten sie gestern das Straßenbahn-Museum in Döhren und andere Einrichtungen der Üstra und besichtigen am Freitag unter der Obhut der Eisenbahner den Verschiebebahnhof Seelze. Außerdem sind sie vom Flughafendirektor, der Niedersächsischen Waggonfabrik in Elze sowie von dem Hildesheimer Obusbetrieb und der Celler Straßenbahn herzlich eingeladen.
Früher, vor ungefähr zwanzig Jahren, gab es den Bund der deutschen Fahrscheinsammler und Verkehrsfreunde. Ein kurioses Völkchen, denkt man zuerst, falls man nicht von einer ähnlichen Leidenschaft besessen ist. Das sind die „Verkehrs-Amateure“ auch und geben es unbeirrt zu. Ihr Vorsitzender, der Journalist Günter Stetza aus Essen, hat schon 55 000 Fahrscheine aller Herren Länder beisammen. Die Verkehrsbetriebe aber wissen, daß zugleich mit der Passion, Lokomotiven zu fotografieren, Kursbücher aus aller Welt zu sammeln und Spurweiten zu studieren, ein ernsthaftes und in Laienkreisen sonst selten zu findendes Verständnis für alle Verkehrsbelange erwächst.
Im tiefsten Herzen dieser Verkehrsfreunde ist das private Sammeln und Studieren ein echtes Vergnügen, bei dem man sich von dem ganz anders gearteten Beruf erholt. Wie bei allen anderen Liebhabereien findet man bei den Verkehrs-Amateuren jegliche Profession: den Chemiker ebenso wie den Handelsvertreter oder Schüler und Studenten. Zu diesen beiden letzten Gruppen gehören die Hannoveraner, die in diesen Tagen viele Freunde treffen. Außerdem hoffen sie, durch die zahlreichen Veranstaltungen und das Echo in der Öffentlichkeit mit anderen Amateuren Kontakt zu bekommen.
<< Aegidientorplatz — Marktkirche — Steintor und umgekehrt fuhr der erste Pferdeomnibus Hannovers vor hundert Jahren. An sommerlichen Feiertagen fuhr er bis zum Berggasthaus „Niedersachsen“. Längst steht der Veteran im Straßenbahn-Museum in Döhren. Geduldig ließ er gestern die Verkehrs-Amateure auf sich herumklettern. Aufn.: Frank
6.8.1954
Hannoversche Zeitung
Im Banne des Verkehrs – FAHRPLÄNE (JE ÄLTER, JE BESSER) – Verkehrs-Amateure in Hannover — Straßen- und Eisenbahn als Gastgeber
„Tausche Fs der ganzen Welt. Gebe für 1 alten – 3 alte ab 1900.“ Oder: „Trifft es zu, daß die Preußische Staatsbahn vor 1904 ein helleres Grün benutzte? Die Lok der Mecklenburgischen Friedrich-Franz-Bahn soll einen schokoladenbraunen Anstrich gehabt haben.”
Zur Erläuterung: „Fs“ bedeutet Fahrscheine. Diese merkwürdigen Anzeigen aus einem Sammlerblättchen sagen mit wenigen Worten viel über die Jahrestagung eines Vereins, die seit Mittwoch abend in Hannover stattfindet. Es ist die Vereinigung der „Verkehrs-Amateure“, die von einem in Verkehrsdingen beschlagenen Journalisten aus Essen zusammengehalten werden. Ihren „Sammlerbrief’ las auch Faruk von Aegypten, solange er auf seinem Thron saß; dann kam die Sendung mit dem schlichten Vermerk „Adressat verzogen” zurück.
Auch das Gros der Verkehrsamateure setzt sich aus Liebhabern zusammen. Sie sammeln Fahrscheine aus aller Welt, interessieren sich für die Farben der Verkehrsmittel, bauen Modelle, kennen sich im Bremsdruck aus oder studieren die Geschichte des Verkehrs. Andere hamstern Fahrpläne — je älter, je besser.
350 Männer vom Badewannenhändler bis zum Chemieprofessor sind eingetragene Verkehrsamateure. Fünfzig von ihnen kamen für zwei, drei Tage nach Hannover, um mit Gleichgesinnten persönlich Fühlung zu nehmen — und um recht viel zu tauschen. Günter Stetza beispielsweise, der Vorsitzende, besitzt 55 000 Fahrscheine.
Das sind nur einige Beispiele für die sympathischen Schwächen, die so ein Liebhaber des Verkehrs hat. Meist wird das Steckenpferd schon in jungen Jahren bestiegen, wie die drei verkehrsbegeisterten Hannoveraner. Da ist Jörg Zimmer, der alles Drum und Dran der verschiedenen Spurweiten bei Kleinbahnen zusammenträgt. 130 Fotos besitzt der 16jährige schon, zumeist auch die Negative davon. Ebenso wie er ist der angehende Abiturient Hans Ahlbrecht ein Bismarckschüler. Klein- und Straßenbahnen stehen auf seinem Programm. „Schon als kleiner Junge konnte ich stundenlang an Bahnschranken stehen!” Der dritte, Helmut Martens, studiert in Hannover. Sicherlich wird er einmal ein Experte der Verkehrsgeschichte sein.
Am Donnerstagmorgen wartete am Aegi der Blumenzug der Straßenbahn auf sie. Erstes Ziel war der größte Straßenbahnhof Hannovers an der Peiner Straße. Im Straßenbahnmuseum besichtigten sie die Veteranen der heutigen ÜTRA: einen Pferdeomnibus, wie er seit 1852 auf der Strecke Aegi-Marktkirche verkehrte, die erste Pferdebahn aus dem Jahre 1872 und die erste Straßenbahn mit Oberleitungsbetrieb, die 1893 zwischen den Endstationen Königsworther Platz und Herrenhausen pendelte.
Anschließend verteilten sich die Gäste auf die Fahrerplätze der gerade abgestellten Triebwagen. Man merkte es erst, als es überall bimmelte. Dipl.-Ing. Scharnhorst von der Straßenbahndirektion hatte seine liebe Not, seine Schäfchen wieder einzusammeln. Er fuhr mit ihnen zum Messegelände, über das neue Steintor, zu Werkstätten und Depots.
Am Nachmittag waren die Straßenbahnliebhaber nicht mehr zu halten. Auf einer Außenstrecke durften sie selber einen Großraumzug führen.
Am Freitag fahren die Amateure mit der Bundesbahn zum Verschiebebahnhof Seelze. Außerdem haben der Hildesheimer Obusbetrieb, die Celler Straßenbahn, die Niedersächsische Waggonfabrik in Elze und die Flughafenleitung die begeisterten Freunde ihrer Verkehrsmittel eingeladen. Berck-
<< Nur der Hafermotor fehlte!
Zu gerne wären die Verkehrsamateure im Straßenbahnmuseum einmal mit dem alten hannoverschen Pferdeomnibus gefahren, der in den 60er Jahren die Ausflügler zum Gehrdener Berg brachte. Aufn. Berckholz
7./8.8.1954
Hildesheimer Allgemeine Zeitung
Verkehrsamateure auf Linie 4
Die Interessengesellschaft der Verkehrsamateure mit Sitz in Essen hält augenblicklich ihre Jahrestagung ab, die mit den verschiedensten Besichtigungen verbunden ist. Etwa 50 Mitglieder der Verkehrsfreunde trafen im Rahmen dieser Besichtigungsfahrten gestern nachmittag auch in Hildesheim ein, wo sie den O-Busbetrieb der Stadtwerke besichtigten. Sie interessierten sich besonders für die Linie 4 zum Hildesheimer Wald.
Die Gesellschaft der Verkehrsamateure setzt sich aus rund 350 Mitgliedern im ganzen Bundesgebiet zusammen. Jeder einzelne Amateur beschäftigt sich in seiner Freizeit mit Verkehrsproblemen der verschiedensten Sparten, mit Verkehrsgeschichte und Verkehrspolitik.
Während ihrer Besichtigung in Hildesheim wurden den Verkehrsfreunden die verschiedensten Probleme des O-Busverkehrs vorgeführt. Zur Begrüßung hatte sich bereits am Bahnhof der Beauftragte der Hildesheimer Stadtwerke, Paust, eingefunden, der den Gästen an Hand des Stadtplanes die verkehrstechnischen Schwierigkeiten Hildesheims erläuterte. Nach einer späteren Besichtigung der Umformerstation am Klingenberg wurden die Verkehrsamateure noch durch den Busbetrieb in den Stadtwerken am Römerring geführt und fuhren am späten Nachmittag weiter zur Besichtigung der Elzer Waggonfabrik.
9.8.1954
Cellesche Zeitung
Verkehr als Steckenpferd – Etwa 50 Verkehrsamateure aus dem Bundesgebiet besichtigten die Straßenbahn
Die einen sammeln Briefmarken, andere Bierfilze, wieder andere Stocknägel, und dann gibt es in Deutschland noch eine Gruppe, die sammelt Fahrscheine. Und darüber hinaus interessiert sie sich für alles, was mit dem Verkehr zu tun hat, vor allem für das, was einmal fuhr und heute noch fährt. Diese Männer aller Alters- und Berufsklassen nennen sich Verkehrsamateure und besuchten Celle, um den Betrieb der Celler Straßenbahn kennenzulernen.
Ihre Begeisterung kannte keine Grenzen, als sie in einem Sonderwagen der Straßenbahn durch die Stadt schaukeln durften. Am liebsten hätten sie ihn schon unterwegs auseinandermontiert, beschränkten sich aber auf eine eingehende Untersuchung der Inneneinrichtung. Sie waren alle sehr gut orientiert, ihre fachmännischen Fragen an den Fahrer bewiesen große Sachkenntnis.
Das Depot am Berggarten war für sie ein Paradies. Nicht überall findet man Straßenbahnen, die schon ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel haben, und trotzdem noch treu und brav ihren Dienst tun. So wurde alles aufs genaueste studiert, fotografiert und aufnotiert. Wer sich speziell für Straßenbahnen interessierte, kam hier auf seine Kosten.
Im Gespräch mit den Verkehrsamateuren, einige kamen sogar aus der Ostzone, spürte man, daß sie ihr Hobby sehr ernst nehmen und sich mit allen Verkehrsfragen auseinandersetzen. So leisten sie ohne materielle Hintergründe Forschungsarbeiten, derer sich auch schon Verkehrsfachleute bedient haben. Und sie bleiben keine Antwort schuldig, werden verkehrstechnische Fragen an sie gerichtet, sie wissen über die Verkehrsbetriebe aller deutschen Städte so gut Bescheid, wie über die Verkehrsmittel, ob sie nun antik oder modern sind.
Nach der Besichtigung der Straßenbahn machten sie noch Bekanntschaft mit den modernen Celler Omnibussen, denn es wurden ihnen zwei zu einer Fahrt zum Flugplatz Langenhagen zur Verfügung gestellt.
Genau wie in Celle kam man ihnen auch auf dem Flugplatz sehr entgegen. Sie erlebten Start und Landung modernster Verkehrsmaschinen, durften über die Rollbahn fahren und erhielten genaue Auskunft über die technische Einrichtung eines Flugplatzes. Nach Besichtigung einer Maschine fuhren sie zum Abschluß ihrer Tagung nach Hannover. ES
August 1954
Abschrift Deutsche Verkehrsrundschau Nr. 10/54
Wir besuchten die Jahrestagung der Deutschen Verkehrsamateure in Hannover
Einleitung:
Wohl wussten wir, dass sich die Verkehrsamateure der deutschen Bundesrepublik einmal jährlich in einer grösseren Stadt im Bundesgebiet treffen, doch konnten wir uns bisher von diesen Zusammenkünften kein rechtes Bild vorstellen. In der DDR gibt es ja leider kein Treffen der Verkehrsamateure, und von uns hatte bisher noch niemand die Gelegenheit gehabt, an den Jahrestagungen der westdeutschen Verkehrs-Amateure teilzunehmen.
Gross war daher die Freude unter uns, als im Frühjahr d.J. einige Leipziger Verkehrsfreunde eine Einladung zur Teilnahme an der Jahrestagung der Deutschen Verkehrs-Amateure 1954 in Hannover erhielten.
Zum ersten Male fuhren wir also in den westlichen Teil unserer deutschen Heimat. Viel hatten wir von drüben schon gehört, doch das, was uns erwartete, übertraf unsere Vorstellungen. 3 Tage waren wir Gäste der Verkehrs-Amateure Westdeutschlands und der Strassenbahn Hannover – beide taten ihr möglichstes, um uns angenehme Tage zu bereiten. Nur durch die grosszügige Unterstützung der Strassenbahn Hanover konnte die diesjährige Jahrestagung zu einem so grossen Erfolg werden. Es soll an dieser Stelle nochmals all denen gedankt werden, die uns Verkehrsfreunden aus der DDR die Teilnahme am Treffen der Deutschen Verkehrsamateure ermöglichten.
Ankunftstag:
Die Tagung wurde durch ein gemütliches Beisammensein der eintreffenden Verkehrsfreunde eröffnet. Jeder konnte sich mit jedem unterhalten. Der eine wollte gern dies wissen, worüber der andere gern Auskunft gab, es war also Gelegenheit gegeben, sich über alle noch ungeklärten Fragen gegenseitig, so gut es jeder wusste, Auskunft zu geben. Es wurden an jenem Eröffnungsabend viele Adressen ausgetauscht, aber nicht nur das, viele Amateure hatten Bilder mitgebracht, die sie untereinander tauschten und sich so ihre Verkehrsbilderersammlungen ergänzten. Uns Verkehrsfreunden aus der DDR kam es vor, als würden wir die westdeutschen Verkehrs-Amateure schon jahrelang persönlich kennen, obwohl wir nur wenige der ca. 50 Teilnehmer brieflich kannten.
Am nächsten Tag ging es kreuz und quer mit einem Sonderwagen – dem Blumenzug – durch Hannover. Stationen wurden am Straßenbahnhof und Straßenbahnmuseum in Döhren, am Messegelände (Neubaustrecek), im Obusbahnhof, in der Hauptwerkstatt in Glocksee, im Straßenbahnhof Gehrden, an den Schleusenanlagen in Misburg (Mittellandkanal) und an den Anlagen des Straßenbahngüterverkehrs in Sehnde eingelegt. Überall wurden Besichtigungen vorgenommen, wir durften photografieren, was wir wollten, und wem die Führungen nicht gefielen, der konnte sich näher betrachten, was ihn besonders ínteressierte. Gern gab man uns über alles Auskunft. Auch sahen wir Leipziger Verkehrsfreunde zum ersten Male einen westdeutschen Großraumwagen. Eine Fahrt mit einem solchen Riesen des Nahverkehrs war ein Erlebnis für sich! Der erste Tag verflog, mit der großen Rundfahrt auf dem Stadt- und Überlandnetz, nur allzu schnell.
2. Tag: Verschiebebahnhof Seelze, Obusbetrieb Hildesheim, Waggonfabrik Elze
Am Freitag waren wir dann Gäste der Deutschen Bundesbahn, die uns den Verschiebebahnhof Seelze zeigt, auch hier wurde über alle Fragen bereitwilligst Auskunft gegeben, und für uns aus der DDR war es wieder etwas Besonderes, hier auf dem Bahngelände der Bundesbahn war das Photografieren erlaubt. Am Nachmittag ging es mit dem Großraumzug der Überlandbahn (Twg – Bwg – Twg) nach Hildesheim. Dieser Großraumzug bewies uns durch seine ungeheure Geschwindigkeit, dass die moderne es sehr wohl mit den Fahrzeugen der Straße aufnehmen kann. Auch wurde uns hier in Hannover klar, dass nicht die Straßenbahn, sondern der ruhende bzw. parkende Autoverkehr das wirkliche Übel der Verstopfung der Strassen in den Großstädten Westdeutschlands ist. Das erste Ziel unserer Nachmittagsfahrt war Hildesheim, das wir in 70 Minuten erreichten. Hier wurden wir schon erwartet und nach einer kurzen Begrüßung ging es mit einem extra für die Verkehrs-Amateure bereitgestellten Obus quer durch Hildesheim nach dem Hildesheimer Wald. Für uns Freunde aus der DDR hatte diese Obusfahrt erneute Bedeutung, wir fuhren selbst in einem Obus der Type UH III s, die wir bisher nur von Bildern kannten. Hildesheim war an diesem Nachmittag nur Zwischenstation, denn mit einem schmucken Büssing-Trambus der Stadtwerke Hildesheim ging es in schneller Fahrt der Waggonfabrik Elze entgegen. Wieder etwas Besonderes für uns Leipziger Verkehrsfreunde! Unser glühendster Wunsch, einmal eine Waggonfabrik besichtigen zu dürfen, war mit einem Mal erfüllt. In der Waggonfabrik konnten wir uns wieder alles ansehen, was uns interessierte und bekamen auf jede gestellte Frage die gewünschte Antwort.
3. Tag Straßenbahn Celle, Flughafen Hannover und Maschseebootsfahrt
Der letzte Tag des Treffens der Verkehrsfreunde wurde mit eine Besuch der sterbenden Straßenbahn Celle begonnen. Unterwegs wieder eine Neuigkeit für uns Leipziger! Zum ersten Mal sahen wir selbst einen Schienenomnibus, wie er in Westdeutschland in vielen Gegenden zur Alltäglichkeit geworden ist. In Celle holte uns ein Triebwagen der Straßenbahn vom Bahnhof ab, der uns durch die schöne unzerstörte Stadt zum Betriebshof fuhr. Die Celler Straßenbahn hielt einen Leckerbissen für alle Verkehrsfreunde bereit. Vor dem Strassenbahnhof befindet sich nämlich noch heute eine Strassenbahndrehscheibe, die auch heute noch benutzt wird. Nachdem wir alles begutachtet und photografiert hatten, ging es nach einer Stunde Aufenthalt mit einem extra für die Verkehrs-Amateure bereitgestellten Omnibus in schneller Fahrt zurück nach Hannover. Als Abstecher besuchten wir, bevor wir, wie alltäglich zum Essen in die Kantine der ÜSTRA fuhren, den Flughafen in Hannover-Langenhagen. Mit dem Omnibus fuhr man uns auf der Startbahn spazieren! Anschliessend hatten wir Gelegenheit, aus nächster Nähe eine viermotorige Maschine aus Berlin landen zu sehen. Am Nachmittag wurden zwei sehr interessante Verkehrsfilme vorgeführt, daran anschliessend wurden die Fragen eines Preisausschreibens über Verkehrsfragen gelöst. Mit dem Ergebnis des Preisrätsels durften wir Leipziger Verkehrsfreunde sehr zufrieden sein, denn zwei von uns erkämpften sich die beiden ersten Preise. Wir konnten unseren westdeutschen Verkehrsfreunden auf diese Art beweisen, dass auch wir uns mit den gleichen Aufgaben befassen wie sie. Anschliessend fand eine Bootsfahrt mit einem Akuboot der ÜSTRA auf dem herrlich angelegten Maschsee statt. Den Abschluss der Veranstaltung bildete wieder ein gemütliches Beisammensein.
Schluss:
Wir wissen nun, wie sich das Programm der Jahrestagung unserer westdeutschen Verkehrs-Amateure zusammensetzt und hoffen nur allzusehr, dass wir auch bei uns in der DDR recht bald einmal eine Jahrestagung der Deutschen Verkehrs-Amateure veranstalten können.
Für uns Leipziger Verkehrsfreunde, die wir in diesem Jahr als Gäste der westdeutschen Verkehrs-Amateure an der Jahrestagung teilnehmen durften, werden diese wunderschönen Tage als ein einzigartiges Erlebnis bleiben, an das wir immer gern zurückdenken.- F. Joachim Zieger.-
15.9.1954
Bundesbahn-Mitteilungen Nr. 27
18.9.1954
Rundschreiben Bilderrundsendung vom Treffen der Verkehrsfreunde in Hannover
Lieber Freund !
Vereinbarungsgemäss sende ich hiermit die Lichtbilder, welche anlässlich der Amateurtagung in Hannover hergestellt wurden. Ich bitte im Interesse aller Teilnehmer dieser Sendung keine Bilder zu entnehmen, sondern unter Angabe der Nummer oder sonstigen Bezeichnungen die Bestellungen bei den Inhabern der negative direkt aufzugeben. Nachstehend ist der Umlaufplan angegeben, den ich einzuhalten bitte.
Mit Rücksicht darauf, dass sich das Eintreffen der verschiedenen Bildersendungen und mithin auch der Versand dieses Rundschreibens verzögert hat, wird freundlichst gebeten, die Laufzeit durch sofortige Weitergabe so kurz wie möglich zu halten.
Mit freundlichem Gruss !
Anlage
Im geschützten Mitgliederbereich sind wie immer die Scans der Originaldokumente sowie Teilnehmerlisten und oft weitere Anlagen aufrufbar!
Der Sohn von Hansgünter Trobisch, der an dieser Tagung teilgenommen hat (siehe auch den eigenen Beitrag mit Fotos von ihm), hat uns vor einigen Tagen noch zusätzliches Material zur Verfügung gestellt (vielen Dank für die Überlassung!).