Blick zurück : Straßenbahn auf die Fildern
Ein weiterer alter Report (enstanden ca. 2000) aus dem Blickpunkt Straßenbahn-Archiv. Fotos: Sammlung des VDVA-Webmasters.
Straßenbahn auf die Fildern
Esslingen-Nellingen-Denkendorf
Als die meterspurige elektrische “Straßenbahn Esslingen-Nellingen-Denkendorf GmbH” 1975 ihr 50jähriges Jubiläum feierte, war die Stillegung der END bereits so gut wie beschlossen. Am 19.12.1926 erfolgte die erste Fahrt von Eßlingen (damals noch mit einem scharfen “s” geschrieben) über Nellingen nach Denkendorf. Die Betriebsführung der END oblag von Anfang an der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB), die auch schon mit den Bau beauftragt war. Ab 22.9.1929 bestand eine Zweiglinie von Nellingen nach Neuhausen. Die Wagen der END waren “Blau-Grün” lackiert, ein Farbton, der speziell bei der SSB gemischt werden wurde. Neulackierte Fahrzeuge sahen eher “Grün” aus, erst im Laufe Zeit wurde daraus immer mehr ein “Blau”. Seit Anfang der 70er Jahre betrieb die Geschäftsführung die Umstellung der END auf Omnibusverkehr. Am 25.2.1978 war es dann soweit: die Städtischen Verkehrsbetriebe Esslingen übernahmen den Betrieb mit Omnibussen. Das die Stillegung ein Fehler war (wie ja bei so vielen Stillegungen in den 50er/60er und 70er Jahren), zeigt die Tatsache, daß es schon bald eine neue Stadtbahn-Linie von Stuttgart nach Nellingen geben wird. Hier nun ein Erinnerungs-Bilderbogen…
↑ Tw 8 Esslingen Bahnhof 25.8.1977
↑ Tw 9 Pliensaubrücke, Esslingen 28.5.1977
↑ Bw 31 (hinter Tw 5) Pliensaubrücke, Esslingen 24.6.1977
↑ Tw 2 Zollbergstraße 25.8.1970
↑ Tw 11 Zollberg 24.6.1977
↑ Tw 4 Abzweig in Nellingen 25.8.1970
↑ Tw 13 Nellingen 25.8.1970
↑ Bw 36 Nellingen 24.6.1977
↑ Depot Nellingen 25.8.1970
↑ ATw 20″ Depot Nellingen 25.8.1970
↑ Tw 7 Nellinger Steige Mai 1958
↑ Tw 12 Denkendorf 30.7.1977
↑ Bw 24 (hinter Tw 9) Scharnhausen 25.8.1970
↑ Tw 5 zwischen Scharnhausen und Neuhausen 5.10.1972
↑ Tw 3 ausfahrend aus Neuhausen 5.10.1972
↑ die Ablösung: SVE-Bus 101 END-Depot Nellingen 17.5.1978
Wer heute noch mit der END fahren möchte, muß sich nach Südtirol begeben!
↑ Rittnerbahn Tw o.Nr. (ex END 12)
Depot Oberbozen
8.7.1998
Der Schwester-Tw 13 und die Bw 36 & 37 sind hier ebenfalls vorhanden, bislang aber nicht im Einsatz.
E-N-D | Triebwagen | |
Tw 1-5 | Maschinenfabrik Esslingen 1926 | Tw 1 ausgemustert 1969 Tw 4 nur noch Rangierwagen ab 1973 Tw 5 neuer Wagenkasten 1964-66 |
Tw 6 | dto. 1927 | |
Tw 7-9 | dto. 1929 | Tw 7 ausgemustert 1974 |
Tw 10 | dto. 1942 | |
Tw 11 | dto. 1955 | |
Tw 12-13 | dto. 1958 | |
E-N-D | Beiwagen | |
Bw 21-27 | Maschinenfabrik Esslingen 1926 | Bw 24 ausgemustert 1972 Bw 27 ausgemustert 1972 |
Bw 28 | dto. 1927 | |
Bw 29-32 | dto. 1929 | Bw 32 ausgemustert 1972 |
Bw 33-35 | dto. 1949 | Bw 33 ausgemustert 1971 Bw 34 ausgemustert 1973 |
Bw 36-37 | dto. 1958 | |
Bw 41 | dto. 1912 | ex SSB (Bw ?) 1951 (ex Esslingen 1944) zurück an SSB 1965 |
E-N-D | Arbeitswagen | |
ATw 20 | Herbrand 1903 | ex SSB (Tw 300) 1933 ATw ab 1955 zurück an SSB 1965 (verschrottet 1967) |
ATw 20″ | Maschinenfabrik Esslingen 1950 | ex SSB (Tw 297) 1965 |
ABw o.Nr. | ? 1889 | ex Filderbahn (ABw 3032) 1930 offener Güterwagen (Schotterwagen) |
ABw o.Nr. | Herbrand 1909 (Umbau 1955) | ex SSB (ABw 2202) 1937 Schienenschleifer (ex Salzstreuwagen) |
ABw o.Nr. | SSB 1937 | ex SSB (ABw 2221) 1938 Halletransportwagen |
ABw o.Nr. | SSB 1928 | ex SSB (ABw 2146) 1938 Fahrleitungsmontagewagen |
ABw o.Nr. | ? 1945 (Umbau 1962/63) | ex SSB (AB 2527) 1955 (ex Trümmerbahn) Muldenkipper (siehe Transportwagen von 1963) |
ABw o.Nr. | ? 1921 | ex SSB (ABw 2055) 1965 Plattformwagen ausgemustert 1973 |
ABw o.Nr. | Eigenbau 1963 | Fahrgestellt ex Muldenkipper von 1945 Transportwagen |
ABw o.Nr. | ? 1961 | Oberleitungs-Leiter |
erhalten sind heute noch folgende Wagen: | Tw 2-6, 8, 9 (nur Fahrgestell als ABw 2509), 11-13 Bw 21-23, 26, 28, 29, 30 (als Generatorwg. 2230) 35-37, 41 ATw 20, ABw 2202, 2527 |
Nachtrag – Ende März 2003 eröffnet das Stadtmuseum Esslingen eine Ausstellung zum Thema END. Viele der hier in diesem Report gezeigten Fotos werden dort ausgestellt (auch alle anderen, die wir hier aus Platzgründen nicht unterbringen konnten!). Das Poster zur Ausstellung enthält ebenfalls Fotos aus der Sammlung Ihres Webmasters:
Hier der Text zum Ausstellungsprospekt:
Mit “Vom Zollberg zum Ritten” zeigt das Stadtmuseum Esslingen, in Zusammenarbeit mit dem Straßenbahnmuseum in Stuttgart – Zuffenhausen, zum 25. Jahrestag der Betriebseinstellung der Straßenbahn Esslingen – Nellingen – Denkendorf ( END ) eine Ausstellung, die der Geschichte dieser Überlandstraßenbahn gewidmet ist. Sie verband von 1926 bis 1978 die Gemeinden der östlichen Fildern mit der Stadt Esslingen und ermöglichte es dadurch zahlreichen Pendlern und Schülern, aber auch Ausflüglern bequem von der Stadt im Tal auf die Filderebene und wieder zurück zu gelangen.
Dies war ein Meilenstein für die Verkehrsentwicklung in diesem Teil des Großraum Stuttgart. Zwar war der westliche Filderteil bis Neuhausen a.d.F. bereits seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch eine Eisenbahn an die Hauptstadt Stuttgart angeschlossen, die östlichen Gemeinden verband hingegen bis 1920 “nur” eine Postkutsche mit der Stadt Esslingen. Diese unbefriedigende Situation nahm bereits 1885 der Fabrikant und Besitzer der Maschinenfabrik Esslingen Emil von Keßler zum Anlaß eine Eisenbahnverbindung zwischen der Stadt und den Fildergemeinden zu fordern. Die daraufhin entwickelten Pläne scheiterten aber allesamt an den Finanzierungsmöglichkeiten und den schwierigen Geländeverhältnissen.
Erst um das Jahr 1912 wurden die Pläne konkreter, doch durchkreuzten der Erste Weltkrieg und die Inflation der Nachkriegszeit ihre Durchführung. Ab 1924 wurden dann die Bemühungen der Vorkriegszeit fortgesetzt, die 1925 in der Gründung der “Straßenbahn Esslingen – Nellingen – Denkendorf GmbH” mündeten. Die Gesellschafter waren die Stadt Esslingen, die Gemeinden Nellingen und Denkendorf und die Stuttgarter Straßenbahnen ( SSB ), die mit der Durchführung des Baus und des Betriebes der Strecke beauftragt wurden.
Nach der erfolgreichen Genehmigung und des raschen Baues der Strecke von Esslingen bis Denkendorf über den steilen Zollberganstieg, den die Bahn als eine der steilsten Straßenbahnen ohne Zahnradantrieb bewältigte, konnte sie bereits im Dezember 1926 in Betrieb genommen werden. Seither waren die charakteristisch türkisgrün – weißen Fahrzeuge der END bis 1978 nicht mehr aus dem Erscheinungsbild der Stadt Esslingen und der Fildergemeinden wegzudenken. Auch war die Bahn sofort ein voller Erfolg, denn noch im ersten Betriebsjahr konnte man mehr als 1,2 Mio. Benutzer zählen ( im Jubiläumsjahr 1976 waren es mit allen Linien ( d.h. auch Buslinien ) mehr als 150 Mio. Fahrgäste ).
Schon nach wenigen Jahren wurden – durch den Erfolg der Bahn ermutigt – Neuhausen a.d.F. und Scharnhausen als Gesellschafter aufgenommen. Wenig später konnte eine Erweiterung der Strecke nach Neuhausen, die 1929 eröffnet wurde, in Betrieb genommen werden. Sie zweigte in Nellingen von der Strecke nach Denkendorf ab und verlief durch das romantische Körschtal nach Neuhausen a.d.F. Bis zum Zweiten Weltkrieg setzte dann die Bahn, kurz unterbrochen durch die Weltwirtschaftskrise, ihre Erfolgsfahrt fort und konnte stets anwachsende Beförderungszahlen aufweisen. Diese machten schließlich immer wieder eine Erweiterung des Fahrzeugparkes erforderlich. So richtig in Fahrt kam die END aber erst nach1945, als der enorme Bevölkerungszuwachs im mittleren Neckarraum und das Wirtschaftswunder zu einem Anwachsen der Beförderungsleistungen führte. So führte die END bereits 1955 eine erste eigene Buslinie ein und investierte 1958 in komplett neue Fahrzeuge für die Straßenbahn, die – ebenso wie ihre Vorgänger – von der Maschinenfabrik Esslingen hergestellt wurden.
Das Niedergang der Bahn begann Ende der 1960er Jahre. Der Betrieb wurde zunehmend unrentabel, der Fuhrpark und die Gleise waren überaltert und zu ihrer Instandhaltung waren hohe Investitionen nötig geworden. Besonders die größeren Gesellschafter waren nicht mehr bereit die hohen Verluste zu tragen. Auch Gutachten, die von der Gesellschaft in Auftrag gegeben worden waren, gaben der Straßenbahn keine Zukunft mehr und befürworteten eine Umstellung auf Busverkehr. Diese Ansicht konnte sich, nach einem kurzen Hoffnungsschimmer für die Straßenbahn während der Ölkrise 1973, schließlich durchsetzen. Trotz Versuchen der Fildergemeinden die Straßenbahn zu retten, stellte die END am 28. Februar 1978 endgültig ihren Betrieb ein. Seither wird der Nahverkehr durch Busse gewährleistet.
Die Geschichte der END ist aber an diesem Punkt noch nicht zu Ende. 1982 erwarb die Rittner – Bahn in Oberbozen in Südtirol die 1958 angeschafften Fahrzeuge der END und nahm sie nach einigen notwendigen Umbauten 1992 auf dieser Strecke in Betrieb. Noch heute tut ein Triebwagen der END auf dem Ritten Dienst.
“Vom Zollberg zum Ritten” beschreibt in einem Satz die Geschichte einer einzigartigen Überlandstraßenbahn. An sie soll in dieser Ausstellung noch einmal erinnert werden. Gezeigt werden zahlreiche Fotografien, Dokumente, Modelle und Ausstellungsstücke zur und von der END, die zu diesem Zweck – mit großer Teilnahme der Bevölkerung – gesammelt wurden. Einige der Fahrzeuge älterer Bauart können zudem im Straßenbahnmuseum in Zuffenhausen bewundert werden, wo ein Triebwagen im letzten Fahrzustand und einer im möglichst originalen Ursprungszustand erhalten sind. Zudem sind begleitend zur Ausstellung einige Veranstaltungen geplant, wie z.B. Wanderungen entlang der alten END – Gleise von Nellingen nach Neuhausen oder ein Transfer vom Esslingen nach Zuffenhausen im historischen Omnibus.